Entartung (AusSchnitt)
Heinrich Heine (1797 - 1856)
Ich zweifle auch, ob sie empfindet,
Die Nachtigall, das was sie singt.
Sie übertreibt und schluchzt und trillert
Nur aus Routine, wie mich dünkt.
Gallige AntWort
Günter
B. Merkel
Die Nachtigall fragt sich bescheiden,
Was will der Heinrich nur von mir?
Er könnte mich doch glatt beneiden,
Mich hoch gesangsbegabtes Tier.
Bemängle ich, was er verrichtet?
Daß er zum BeiSpiel dünkt und singt
Im gleichen Vers zusammendichtet,
Was bestenfalls nur ähnlich klingt?
Kann er sich so etwas erlauben?
Was maßt sich dieser gute Mann -
Es ist doch wirklich kaum zu glauben -
Uns Vögeln gegenüber an?
So schön manch' Heine-Texte klingen -
Selbst wenn sie mich ergreifen -
Von ihm mag ich kein Lied mehr singen.
Ich werd' ihm etwas pfeifen!
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Ein
Gleiches
Johann W. von Goethe
(1749 - 1832)
Über allen Gipfeln ist Ruh,
In allen Wipfeln spürest Du
Kaum einen Hauch.
Die Vögelein schweigen im Walde.
Warte nur, balde
Ruhest Du auch .
Flug-Lärm
Günter
B. Merkel
Über den Gipfeln ist keine Ruh.
Diese UnRuh spürest Du
Tag und Nacht und immerzu,
Weil die Dir in den Ohren liegen,
Die auf Brechen und auf Biegen
Die stillen Wipfel überfliegen.
Selbst Vogel-Nerven liegen blank,
Dank Lärm und Kerosin-Gestank.
Und die Elster krächzt im Wipfel:
Dieser Flug-Lärm ist der Gipfel!
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